Pi IO und Prozesssteuerung mit C
Bei sehr kleinen Linux-Rechnern, wie einem Raspberry Pi, ist die Sprache der Wahl C — besonders bei Prozesssteueranwendungen, welche z.B. beim Pi die GPIO (general purpose input and output) für Sensoren und Aktoren nutzen. So arbeiten wir und Andere mit gutem Erfolg. Siehe auch die Publikation oder das SVN repo. Erklecklichen Anteil am guten Gelingen hat die C-Bibliothek pigpio von Joan N.N..
Java auf dem Pi
Nichtsdestotrotz möchten manche auf dem Pi auch Java nutzen. Das ist an sich kein Problem. Man kann ein Java 8 auf einem Pi 3 und sogar mit Frame4J mit allen seinen Tools und APIs ergänzen.
Der Spaß mit Java hört — übrigens auf jeder Plattform — auf, wenn man Prozesssteuerung mit Java machen will. Um dies (d.h. auch die direkte Ansteuerung von Aktoren und Sensoren mit Java) auf dem Pi zu lernen portierte ich aus rasProject_01 ein C-Demoprogramm rdGnPiGpioDBlink.c. “Überraschenderweise” wurde daraus ein wachsendes Projekt Projekt und eine Veröffentlichung im Java Magazin.
Native (JNI) oder pure Java
Dieses C-Programm nutzt die Bibliothek pigpio in der Dämon/Server Variante und das Linux/C Standardvorgehen mit Sperrdateien (lock files; flock()), um einen exklusiven (singleton) Zugang zu Prozess-IO und dem Pi-watchdog für Steuerprogramme zu gewährleisten. Hinzu kommt immer eine Abfahr-Routine (shutdown hook), welche die Ein- und Ausgabe in einem sicheren Zustand hinterlässt. Das kleine Demo-Programm mit drei LEDs als Ausgabe zeigt (außer dem watchdog) diese professionellen Ansätze. (Siehe hierzu Alles in der erwähnten Publikation). rdGnPiGpioDBlink.c wurde mit all diesem Verhalten nach RdGnPiGpioDBlink.java (Quelle) portiert.
Die allererste Portierung nutzte noch Neil Kolbans
Bibliothek
welche u.a. auch die Socket-Schnittstelle von
pigpio
benutzt. So haben wir alle Vorteile des
Ansatzes
von Joan N.N.. Zusätzlich enthält Neil Kolbans
Bibliothek
u.a. auch eine JNI-Implementierung mit ihrer C-Schicht für die
Nicht-Socket-Schnittstelle von pigpiod. Das macht sie nicht übersichtlicher,
und an keiner Stelle wird versucht Wegwerfobjekte zu vermeiden.
Wegen dieser und anderer Gesichtspunkte wurde eine kompakte reine Java Lösung zum Anschluss an die pigpioD Socket-Schnittstelle implementiert und inzwischen in Frame4J integriert. Das heißt, egal ob auf dem PC, dem Laptop oder einem Pi: Mit Frame4J hat man dort PI IO mit Java – sei die IO auf dem betreffenden Pi selbst oder auf einem anderen Pi im selben (privaten) [W]LAN. Das Programm TestOnPi testet und demonstriert binäre Ein- und Ausgänge, PWM und Servos an allen IO pins eines Pi.
Probleme mit Java GPIO und Prozesssteuerung
Nicht kompatible Dateisperre
Ein unmittelbar zu lösendes Problem erschien im Lichte von Portieren “mit allem Verhalten” bei der Linux-üblichen und ja schon eingesetzten Datei-Sperre (lock file, flock()) für den exklusiven Zugriff auf Prozess-IO und watchdog. Es stellte sich heraus, dass ein Java lock einer Datei als “random access file, fully and exclusively” mit java.nio.channels.FileLock auf einer Linux-Plattform inkompatibel zu dort etablierten Datei-Sperre mit der Prozedur flock() ist. Mit flock() und FileLock bekommen alle C-Programme eine Sperre auf eine Datei und alle Java-Anwendungen noch eine.
Zwei volle Sperren auf ein und dieselbe Datei macht den Ansatz kaputt. Dies kann man als einen Fehler der JDK/JRE-Portierung nach Linux sehen. Nicht nur bei unseren Anwendungen ist das natürlich nicht akzeptabel. Bevor man Java-Ports echter Prozessanwendungen auf Linux loslässt.
Die kompatible Lösung sind zwei Methoden (openLock() and closeLock) in Frame4J: de.weAut.PiUtil, welche ein C-Hilfsprogramm justLock nutzen. Wenn Sie dieses kleine Programm (justLock) direkt starten und dann auch gleichzeitig die Java-Applikation JustNotFLock laufen lassen, demonstriert dies die zweifache Sperre ein und derselben Datei.
Wegwerfobjekte
Bei Java oder allgemeiner OO-Sprachen gilt der garbage collector als das Risiko für ein ansonsten theoretisch und experimentell abgesichertes Echtzeitverhalten. Es wurde für die Automatisierung kritischer Prozesse mit objektorientierten Sprachen gefordert, dass im zyklischen Betrieb keine Objekte mehr erzeugt werden dürfen. Selbst wenn diese Forderung (für allgemeine Steuerungen) kaum so hart stellen würde, ist dies ein löbliches Prinzip. Es befreit von den Risiken des Garbage-Collectors und der Speicherverwaltung.
Und es liegt den hier aufgeführten Beispielen und entsprechenden Java-Anwendungen zu Grunde. So werden mutable Klassen anstelle der Neu-Erzeugung unveränderbarer Objekte verwendet, wie StringBuilder statt String und eigener Container statt Long.
Durch gezielte Wiederverwendung veränderbarer Objekte lässt sich Garbage-Collection und Speicherverwaltung verhindern. Bei dem verbreiteten Linux-Ansatz „Gerät als Datei“ (device as file) sieht es dabei aber schlecht aus. Das Listing (Auszug aus Pi1WireThDemo) zeigt das Auslesen eines 1-wire-Thermometers, die es auch edelstahlgekapselt und geeignet für die üblichen Thermometereinsteckröhrchen gibt.
final String devID = args[0]; // 28-02119245cd92 e.g.
String line1;
String line2;
BufferedReader thermometer;
File thermPath = new File(
"/sys/bus/w1/devices/w1_bus_master1/" + devID + "/w1_slave");
for(;runningOn;) { // zyklischer Dauerbetrieb
thermometer = new BufferedReader(new FileReader(thermPath));
line1 = thermometer.readLine();
line2 = thermometer.readLine();
// Auswertung
Der zugehörige Linux-Device-Treiber liefert ein Messergebnis in zwei Textzeilen [sic!]. Nach deren Einlesen schließt sich die Datei automatisch. Deswegen muss das Dateiöffnen im Listing in die den Dauerbetrieb andeutende Endlosschleife. Jede Messung erzeugt also:
- 1 BufferedReader,
- 1 FileReader und indirekt
- 1 FileInputStream,
- 1 FileDescriptor usw. und schließlich direkt noch
- 2 String-Objekte.
Von diesen mindestens 6 Objekten pro Messung ließen sich mit einem byte-Array (und verminderter Lesbarkeit) nur die Reader und die Strings vermeiden. Nun wird man ein Thermometer selten häufiger als einmal pro Sekunde einlesen. Aber man stelle sich so etwas in einem 10ms- oder gar 1ms-Zyklus in einem kleinen (embedded) Rechner vor.
Der Pi (BCM) Watchdog, auch als device as file implementiert, ist hierbei wesentlich besser: Er – das heißt mit Java sein OutputStream – bleibt die ganze Zeit zum Schreiben geöffnet. Hier ist es zum Glück besser gemacht. Aber hierauf, sprich auf im System verankerte Device-Treiber, haben wir keinen Einfluss.
Repositories
Finden Sie bitte die meisten Quellen im GitHub repository weAut. Es spiegelt dieTeile der größeren SVN Entwicklungs-Repositories, welche für dieses Projekt essentiell sind. Für Kommentare und Probleme dieses Projekts nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion dieses Beitrags, die übrigens ein “GitHub issue” ist.
Kommentare
Möchten Sie einen Kommentar abgeben — auch gerne auf Englisch? Besuchen Sie die issue-Seite auf GitHub.Zum Kommentieren benötigen Sie ein GitHub-Konto.
Dieser Beitrag hat einen gemeinsamen Kommentarbereich mit raspiGPIOjava.html.